• Stadecken-Elsheim (MZ)

  • Länge: 9.8 km

  • Höhenmeter: 106 m

  • Dauer: 2,5 – 3 h

  • Ausblicke  | Kultur/Historie 

  • Parken: 55271 Stadecken-Elsheim | Parkplatz an den Tennisplätzen (Burggrabenstraße)

  • Startpunkt: Tennisplätze Stadecken-Elsheim

  • Einkehrmöglichkeiten: –

  • Wegbegleiter: Milow

  • Erwandert: Oktober 2018

Geologie, Wein und Panoramablicke

Die 9,8 km lange Hiwweltour Stadecker Warte führt von Stadecken-Elsheim im Unteren Selztal auf das Westplateau und versucht mit Hilfe von Terroir-Bodenprofilen die Geologie der Region Rheinhessen und ihre Bedeutung für den rheinhessischen Wein zu vermitteln.

Wir starten unsere Tour am Parkplatz an den Tennisplätzen und wandern zunächst über einen 1,2 km langen Zuweg durch die Selzniederung und am Naturschutzgebiet Woogwiesen/Bruchwiesen vorbei zur eigentlichen Wegstrecke der Hiwweltour Stadecker Warte.

Dabei ist der Übergang nicht wirklich gelungen. Anstatt direkt die L 413 zu queren und somit insgesamt 400 m asphaltierten Rad- und Wirtschaftsweg zu meiden, werden wir zunächst neben der Straße zum Ortseingang von Stadecken-Elsheim geführt. Nach der Straßenquerung gehen wir dann auf dem asphaltierten Wirtschaftsweg in die entgegengesetzte Richtung.

Nach 400 m biegen wir schließlich rechts ab und wandern an der Wüstung Hedesheim mit einer der ältesten Begräbnisstätten Rheinhessen vorbei zu den Pferdekoppeln einer großen Reitanlage. Anschließend durchqueren wir das offene Feld sowie einen kleinen Quellwald und erreichen nach einem ersten Anstieg den Rastplatz Auf dem Ermel, der uns mit einem schönen Ausblick auf Stadecken-Elsheim und ins Untere Selztal belohnt.

Wir wandern weiter am Waldrand entlang nach Osten und blicken über die Getreidefelder auf die umliegenden Ortschaften Essenheim und Ober-Olm. Nachdem wir den östlichsten Punkt der Hiwweltour erreicht haben, machen die kehrt und wandern an den Weinbergen vorbei und durch den Wald zurück in westliche Richtung. Schließlich finden wir uns mitten in den Weinbergen wieder. Wir passieren das Wingertshaus Schindegaul sowie den langen Tisch des Weins und lassen unseren Blick über das umliegende Rebenmeer schweifen. Unterhalb des Tisches liegt mit dem Bodenprofil Kalksandstein am Stadecker Lenchen das erste Terroir-Bodenprofil der Hiwweltour Stadecker Warte. Terroir umfasst dabei die natürlichen und menschlichen Einflussfaktoren auf den Geschmack des Weines (Winzer mit ihrer Arbeit, die Geschichte und Kultur, das Klima, die Lage und die Gesteine).

Die Hiwweltour führt uns weiter durch die Weinberge in Richtung der namensgebenden Stadecker Warte, die wir über einen 100 m kurzen Abstecher erreichen.

Es geht weiter durch die Weinberge und wir erreichen nach insgesamt 6,3 km den Fundort eines spätrömerzeitlichen Sarkophags sowie das zweite Terroir-Bodenprofil mit dem Tonmergel am Stadecker Spitzberg.

Ein kurzer, steiler Aufstieg führt uns anschließend zu einem Pavillon mitten im Wingert, wo wir mit einem grandiosen Panoramablick über das Untere Selztal bis zum Taunus belohnt werden.

Durch die Wiesen geht es nun ins Saubachtal hinab und wir folgen dem teilweise renaturierten Bach zurück nach Stadecken-Elsheim. Nachdem wir den Ort für 300 m durchquert haben, erreichen wir schließlich unseren Ausgangspunkt der Hiwweltour Stadecker Warte an der L 413. Diesmal folgen wir aber nicht dem offiziellen Zuweg, sondern suchen uns mit der mobilen Karte einen schnelleren Weg zurück zu den Tennisplätzen.

Fazit

Die Hiwweltour Stadecker Warte kann vor allem mit tollen Panoramablicken über das Untere Selztal und der liebevollen Gestaltung der verschiedenen Rastplätze punkten. Zudem werden die rheinhessische Geologie und deren Auswirkung auf den Wein durch die beiden Bodenprofile Kalksandstein und Tonmergel anschaulich aufgezeigt. Dennoch gehört diese Hiwweltour zu den eher höhepunktarmen Rundwanderwegen. Die Tour liegt zudem in der Einflugschneise des Frankfurter Flughafens und kann deshalb trotz hohem Naturweganteil nicht als naturnah bezeichnet werden.

  • Bewertung

  • Schwierigkeit: leicht

  • Wege: + hoher Naturweganteil

  • Highlights: Panoramablick Pavillon

Wissenswertes

Der Naturraum Unteres Selztal präsentiert sich als breiter Taleinschnitt zwischen den Naturräumen Westplateau und Ostplateau. Die Talhänge sind dabei asymmetrisch mit steileren Hängen auf der Ostseite. Sie sind zudem gestuft, da in den unteren Teilen überwiegend Lössböden mit weicheren Verwitterungsformen vorliegen, während in den Oberhängen Kalke anstehen und so eine steilere Verwitterungskante bilden.

Die oberen Hangpartien sind vor allem Weinberglagen. In den unteren Flachhängen sowie Talsohlen findet Obst- und Ackerbau statt.

Die Dörfer haben sich entlang der Selz und in Hanglage am Ende der kleinen Seitentäler entwickelt. Ferner reihen sich ehemalige Mühlen am Bach aneinander.

Der Naturraum Westplateau ist eine Hochfläche mit einer Höhe von rund 240 – 270 m ü. NN und wird vom Ackerbau bestimmt. Weinbergslagen auf den Südhängen der Kuppen und den sanften Taleinkerbungen gliedern das Nutzungsmuster. Auf der Ostseite unterbricht das markant eingeschnittene Welzbachtal die Hochfläche. Dort prägen Grünland die Talsohle sowie Weinberge im Wechsel mit Büschen und Wäldern die Hänge. Kleine Waldflächen auf Sanden und Kiesen finden sich im Norden bei Westerhaus, Waldeck sowie Welgesheim.

Die Offenheit der Landschaft ermöglicht vor allem an den Rändern der Hochfläche und über die Talmulden hinweg einen weiten Blick in die Umgebung.

Die eigentliche Hochfläche ist unbesiedelt. Die Dörfer haben sich in den Tallagen bzw. in den flachen Talmulden entwickelt. Am Welzbach reihen sich zudem mehrere Mühlen aneinander.

Das 39 ha große Naturschutzgebiet Woogwiesen/Bruchwiesen wurde zur Erhaltung und Entwicklung eines ökologisch wertvollen Abschnitts der Selzniederung mit naturnahem Bachlauf, Gehölzen, Schilfröhricht und Nassbrachen sowie grundfeuchten und zeitweilig überschwemmten Grünland- und Ackerflächen ausgewiesen.

Die Fläche bietet dabei Standorte für typische und seltene, wild wachsende Pflanzenarten (z.B. Schachtelhalm, Schwertlilie, Kornblume, Sumpfbaldrain u.a.). Das Naturschutzgebiet ist zudem Lebensstätte, Rast-, Überwinterungs- und Trittsteinbiotop für typische und seltene, in ihrem Bestand bedrohte Tierarten (z.B. Rohweihe, Braunkehlchen, Sumpffrosch, Pirol u.a.).

Das Dorf Hedesheim wurde 1368 letztmalig urkundlich erwähnt. Nachdem die Burg Stadeck ab 1276 zum Schutz des Ingelheimer Grundes und eines wichtigen Selzüberganges gebaut wurde, mussten die Bewohner von Hedesheim die Ansiedlung bis 1325 nach und nach verlassen. Die Häuser wurden aber erst später abgebrochen. Lediglich der Friedhof, der als eine der ältesten Begräbnisstätten im Umkreis gilt, wurde bis 1804 weiter genutzt. Heute erinnert nur noch der Name eines Weinguts an Hedesheim.

Die Nutzungs- und Abgaberechte des Stadecker Lenchen, dessen Name sich von Lehen ableitet, wurden vom Landesherrn an einen Vasall übergeben. Das Bodenprofil selbst liegt aber in einem Bereich, der eigentlich im Sandhas heißt. Im feinen, leichten Sand können die Hasen ihre Baue anlegen.

Der kalkhaltige Sand und Sandstein wurde im flachen Meer, das bis in das Rheinische Schiefergebirge und den Hunsrück reichte, abgelagert. Zwischen den feinen lehmig, sandigen Bodenteilchen gibt es viel Platz und Luft für die Wurzeln der Reben. Da der sandige Boden kaum Wasser binden kann, bilden die Feinwurzeln ein dichtes Geflecht im oberen Bodenbereich, wo das Regenwasser noch hinkommt. Die gute Durchlüftung des Bodens bewirkt eine gute Erwärmbarkeit und die Wärmespeicherung rundet die lebendigen, von einer frischen Säure geprägten Weine durch gute Reifemöglichkeiten ab.

Die Stadecker Warte wurde 1933 als Spritzanlage errichtet. Die meisten Weinbergsgrundstücke hatten zu dieser Zeit ihre Zufahrt über den Schildweg, der steil, steinig, ausgewaschen und in sehr schlechtem Zustand war. Die Anlage war also eine enorme Erleichterung. Die Kupfer-Kalkbrühe zur Bekämpfung des falschen Mehltaus wurde nun in der Warte zentral hergestellt. Die Gemeinschaftsanlage hatte zudem den Vorteil, dass die ganze Gemarkung zum gleichen Zeitpunkt gespritzt wurde und so eine bessere Bekämpfung der Pilzkrankheiten möglich war.

In den Jahren 1953 – 1955 wurde das Spritzverfahren durch das modernere und effektivere Sprühverfahren ersetzt. Die Anlage wurde aber noch bis Anfang der 1960er genutzt. Ihre Funktion lief aufgrund des technischen Fortschritts und der verstärkten industriellen Herstellung von Pflanzenschutzmitteln ab dann langsam aus.

Zu Beginn der 1980er Jahre wurde die Anlage umgebaut und um einen Turm erweitert. Seitdem sprach man auch nicht mehr von der Spritzanlage sondern von der Stadecker Warte. Die Warte wurde nur noch zur Starenabwehr genutzt, da man von ihr aus den größten Teil der Gemarkung überblicken und die Schussapparate per Funkt auslösen konnte. Heute dient der Turm Besuchergruppen als Aussichtspunkt.

Im Zuge der Flurbereinigung und Weinbergsumlegung 1958 und 1960 stieß man in der Flur Im Horn in 35 cm Tiefe auf einen Sarkophag aus rotem Sandstein. Der Sarkophag aus der spätrömischen Besiedlungszeit (270 – 350 n. Chr.) beinhaltete das Skelett einer jüngeren weiblichen Person. Daneben fanden sich u.a. Scherben eines flaschenartigen, enghalsigen, tonerdigen Gefäßes sowie eine facettierte Perle aus hellgrünem Glas.

Die Lage Im Spitzberg beschreibt schon im Namen die Form des etwas spitz zulaufenden mittleren Hangabschnitts.

Eine Mischung aus Ton und Kalk (= Mergel) lagerte sich im tertiären Meer Rheinhessens ab. Durch den dominierenden Tonanteil (= Tonmergel) kann viel Nässe aufgenommen werden, der bei Trockenheit wieder abgegeben wird. Dadurch bilden sich Trockenrisse. Der Tonmergel ist somit durch Quellung und Schrumpfung gekennzeichnet.

Bei Regen quillt der Tonmergel auf und die Feinwurzeln der Reben werden abgequetscht und Luftmangel entsteht. Außerdem kommt das im Ton festgebundene Wasser der Rebe zum Teil gar nicht zu Gute. Dem so entstehenden Trockenstress wirkte der Mensch durch Humus- und Lösszugaben sowie Bodenlockerung entgegen. So können sich wenigstens im oberen Bodenbereich die Feinwurzeln gut ausbreiten. Da sich der Tonmergelboden im Frühjahr nur langsam erwärmt, hat die Rebe eine gute Reifeentwicklung.

Die schwierigen Bodenbedingungen bringen vor allem bei älteren Reben interessante, körperreiche Weine hervor, die sich durch eine hohe Mineralität und Komplexität auszeichnen.