• Münchhausen | Mellnau (MR)

  • Länge: 16.4 km

  • Höhenmeter: 367 m

  • Dauer: 4 – 5 h

  • Natur  | Ausblicke  | Kultur/Historie 

  • Parken: 35117 Münchhausen | Parkplatz am Sportplatz (Talhäuser Straße)

  • Startpunkt: Sportplatz Münchhausen

  • Einkehrmöglichkeiten: Waldgasthaus Christenberg | Mellnauer Hof

  • Wegbegleiter: –

  • Erwandert: Februar 2021

Der märchenhafte Christenberg und Burg Mellnau

Die 16,4 km lange Christenbergtour verbindet zwei bedeutende kulturelle Kleinode des Naturraums Nördlicher Burgwald miteinander: den keltisch-fränkischen Christenberg und die aus dem 13. Jahrhundert stammende Ruine der Burg Mellnau. So erlangte das alte Küsterhaus auf dem Christenberg durch den Maler Otto Ubbelohde (1867 – 1922) als Hexenhäuschen im Märchen Hänsel und Gretel Berühmtheit.

Die Christenbergtour startet am Wanderportal beim Sportplatz in Münchhausen und führt mich zusammen mit dem Burgwaldpfad zunächst an Fischteichen und knorrigen Eichen vorbei durch das Hutschbachtal ins Naturschutzgebiet Christenberg. Auf dem Weg passiere ich auch die beiden Douglasien Uschi und Willi, die die höchsten Bäume des Burgwaldes darstellen und ihren Namen von Karl-Wilhelm Parr, dem langjährigen Leiter der Revierförsterei Christenberg/Münchhausen erhielten.

Schließlich erreiche ich den sog. Spiegelteich, wo sich mir je nach Blickwinkel der Blick auf den Christenberg mit der Martinskirche gleich zweimal bietet: einmal auf den Berg selbst und zum anderen auf die Spiegelung im Teich. Hier ließ sich auch der Heimatmaler Otto Ubbelohde für die Illustration des Eisenhans zum gleichnamigen Märchen der Gebrüder Grimm inspirieren. Diese und weitere Zeichnungen Ubbelohdes erschienen 1907 bis 1909 in der vollständig illustrierten Gesamtausgabe der Kinder- und Hausmärchen und wurden wie die Märchen der Brüder Grimm weltberühmt.

Nun beginnt der Aufstieg zum 387 m hohen Christenberg. Nach der Überquerung der schmalen Autostraße geht es über einen steilen Pfad zum Plateau der ehemals so genannten Kesterburg hinauf. Oben angelangt, passiere ich zunächst das alte Küsterhaus neben der Martinskirche. In dem historischen Gebäude befindet sich heute ein kleines Museum zur Geschichte des Christenbergs. Otto Ubbelohde nutzte das Küsterhaus sogar als Zeichenvorlage für das Hexenhaus in Hänsel und Gretel. Auch die Martinskirche diente Ubbelohde als Motiv für das Märchen Aschenputtel.

Von der Terrasse des Waldgasthauses Christenberg bietet sich mir dann eine tolle Aussicht auf das Siegerland, Sauerland und das Rothaargebirge. Anschließend quere ich das Plateau des Christenbergs und verlasse es durch das ehemalige Südtor der fränkischen Kesterburg.

Wenig später trennen sich Christenbergtour und Burgwaldpfad zum ersten Mal und es folgt der steile Abstieg zum Naturschutzgebiet Christenberger Talgrund. Hier haben sich vermoorte Bachtäler gebildet und somit auch zu einem besonderen Mikroklima. Moore zählen ökologisch zu den hochwertigsten Standorten Mitteleuropas und sind Lebensraum einer besonderen Vielfalt an seltenen Pflanzen und Tieren (z.B. Torfmoose, fleischfressende Sonnentaus o. verschiedene Libellenarten).

Ich wandere nun an einem kleinen Bach entlang, der den Christenberger Talgrund mit Wasser speist und wertvolle Teichbiotope bildet, talaufwärts bis zur Quelle Roths Börnchen. Anschließend steige ich über einen steilen Pfad wieder aus dem Tal hinauf zur Wanderhütte am Mellnauer Kreuz.

Ein geschotteter Forstweg führt mich nun in Richtung Mellnau und so treffe ich nach 500 m auch wieder auf den Burgwaldpfad, der mich die nächsten ca. 6 km erneut begleiten wird.

Ich wandere über einen idyllischen Waldweg nach Mellnau hinab und durchquere den Ort, um zur gleichnamigen Burg Mellnau zu gelangen. Auch hier wurde Otto Ubbelohde bei seinen Illustrationen fündig und nutzte die Burg als Vorlage für das Märchen Däumerlings Wanderschaft. Von der Gipfelburg hat man zudem einen tollen Blick über den Ort und die Wetschaft-Senke bis nach Marburg und zum Lützlergebirge.

Nach dem Abstieg von der Burg wandere ich dann ca. 1,5 km am Waldrand entlang, bevor der Aufstieg zu den Wetterköpfen beginnt. Oben angelangt, tauche ich auch wieder in das Naturschutzgebiet Christenberger Talgrund. Anschließend passiere ich den Rastplatz Riebe-Eck, der nach einer Tradition im Burgwald folgend nach einem Förster benannt wurde und steige über einen idyllischen Waldweg wieder hinab in den Christenberger Talgrund. Hier trennen sich Christenbergtour und Burgwaldpfad endgültig und ich wandere über einen wirklich tollen Pfad durch das moorige Tal in Richtung Münchhausen. Noch einmal geht es kurz hinauf zum Rastplatz Gesenne, wo sich mir ein herrlicher Blick bis zum Ederbergland und über die Wetschaft-Senke bietet.

Schließlich geht es über Feldwege zurück zu meinem Ausgangspunkt am Sportplatz Münchhausen.

Fazit

Die Christenbergtour führt sehr abwechslungsreich durch die idyllischen Wälder und vermoorten Talgründe zwischen Münchhausen und Mellnau. Dabei machen die naturräumlichen Einzigartigkeiten im Zusammenspiel mit den beiden kulturellen Besonderheiten diesen Premiumrundwanderweg zu einem wirklich schönen Wandererlebnis. Daneben bieten sich auch immer wieder tolle Aussichten über die Wetschaft-Senke.

  • Bewertung

  • Schwierigkeit: mittel

  • Wege: + hoher Pfadanteil

  • Highlights: Christenberg | Burg Mellnau

Wissenswertes

Das 22,8 ha große Naturschutzgebiet Christenberg befindet sich am Nordhang des 387 m hohen Christenberges. Dort kommt es zu einem Mosaik verschiedener Waldgesellschaften, die teilweise von besonderer ökologischer Bedeutung sind.

Der von Quellmulden gespeiste sog. Spiegelteich zeichnet sich durch eine ausgeprägte Wasservegetation aus (z.B. Alpen-Laichkraut). Die kalten Stillgewässer werden zudem von zahlreichen Amphibien (z.B. Faden- und Bergmolch oder Geburtshelferkröte) zum Laichen aufgesucht.

Neben lückigen Erlensumpfwälder und farnreichen Erlenauwäldern besteht der Hauptteil des Naturschutzgebietes aus Mischwäldern und aufgeforsteten Nadelwäldern. Eine echte botanische Rarität ist dabei das Vorkommen des vom Aussterben bedrohten Zeillers-Flachbärlapp. In den abwechslungsreichen Wäldern finden zudem zahlreiche Vogelarten (z.B. Hohltaube, Grauspecht o. Erlenzeisig) wertvolle Lebensräume vor.

Der 387 m hohe Christenberg ist eine Kuppe aus Buntsandstein und befindet sich etwa 2 km östlich von Münchhausen. Auf seinem Gipfel stehen am Ort der keltischen und späteren fränkischen Festungsanlagen die Martinskirche mit angeschlossenem Friedhof sowie ein Waldgasthaus.

Bereits in der späten Hallstattzeit wurde etwa 500 m nordwestlich des Plateaus auf dem Christenberg die erste bekannte Ansiedlung errichtet. Auf ca. 1,5 ha entstand eine durch einen Wall umschlossene keltische Befestigungsanlage, die sog. Lützelburg. Ab dieser Zeit ist auch für die Umgebung des Christenberges eine dichte Besiedlung nachweisbar.

Das 3 ha große Plateau des Christenberges war an 3 Seiten durch Abhänge geschützt und verfügte zudem über eine Frischwasserquelle. So mussten die Kelten in der frühen La-Tène-Zeit (ca. 420 v. Chr.) nur noch die einzige leicht zugängliche Seite in Richtung Osten mit einer Kastenmauer aus Baumstämmen, Erdreich und Steinen befestigen. Diese Befestigung wurde dann später zusätzlich durch einen vorgelagerten Graben gesichert. Nach einem Brand um 200 v. Chr. wurde die Ansiedlung jedoch aufgegeben.

Erst im 8. Jh. erfolgte eine Neuansiedlung in Form einer fränkischen Festungsanlage. Dabei wurde der Christenberg mit einer umschließenden Mauer und einer doppelten Mauer zur Ostseite wiederum befestigt. In der Folge wurde die Anlage mehrfach durch Vorwälle, Spitzgräben und einen Rundturm erweitert. Reste des frühmittelalterlichen Haupttors der fränkischen Festung Kesterburg sind heute noch sichtbar. Funde legen dabei eine vornehmlich militärische Nutzung nahe.

Die romantische Abgeschiedenheit und die besondere Lage des Berges mag auch den Marburger Künstler Otto Ubbelohde angezogen und zu Studien angeregt haben. Ubbelohdes Darstellung des Hexenhauses im Märchen Hänsel und Gretel zeigt ein zweistöckiges oberhessisches Fachwerkhaus, wie es sich auch im Bautyp des Küsterhauses auf dem Christenberg widerspiegelt. Ebenso illustrierte Ubbelohde den Eisenhans  im Spiegelteich als Motiv zum gleichnamigen Märchen der Gebrüder Grimm. Auch die Martinskirche war oftmals wiederkehrendes Motiv in seinen Illustrationen.

Die heutige evangelische Martinskirche wurde aus dem lokal vorhandenen roten Sandstein im romanischen Stil errichtet und ist der Nachfolgebau eines vermutlich karolingischen Gotteshauses. Das einschiffige Langhaus und der Wehrturm stammen aus der Zeit um 1000. Das Chorgebäude und eine Außenkanzel hingegen wurden erst um 1520 hinzugefügt. Sie ist somit eine der ältesten erhaltenen Kirchen im Landkreis Marburg und seit dem Mittelalter kirchliches Zentrum der Region. Der wehrhafte Charakter des noch in romanischer Zeit angebauten Westturms ist an den über zwei Meter mächtigen Mauern mit je zwei Schießscharten in der West- und Südwand erkennbar.

Die Kirche wird noch heute von der Kirchengemeinde Münchhausen als Friedhofskapelle, für Trauungen und für besondere Gottesdienste genutzt.

Neben der Kirche befindet sich ein aus der ersten Hälfte des 19. Jh. stammendes Küsterhaus in Fachwerkbauweise, für das ebenfalls Vorgängerbauten belegt sind. Neben dem Kirchendienst bewirtschaftete der Küster auf dem Plateau etwa 4 ha Land. Heute beherbergt das Haus ein Museum mit einer Dauerausstellung zur Geschichte des Christenberges. Im Obergeschoss sind die Wohnräume des Küsterhauses zu besichtigen, wie sie etwa um 1920 ausgesehen haben. Gegenüber dem Wohnhaus steht zudem das renovierte ehemalige Backhaus.

Der Friedhof, der sich um die Martinskirche herum erstreckt, wird heute noch für Begräbnisse genutzt.

Das Naturschutzgebiet Christenberger Talgrund liegt südlich des Christenberges in einem verzweigten Talsystem des Burgwalds. Neben ausgedehnten Laubwaldgesellschaften zeichnet sich das Gebiet besonders durch das Vorkommen von Zwischen- und Flachmooren sowie seltene Waldkiefer-Moorwälder aus. In diesem Sonderlebensraum gedeihen bunte Torfmoosgesellschaften mit beeindruckenden Standortspezialisten (z.B. Kamm-Torfmoos oder zwei Arten des fleischfressenden Sonnentaus). In trockengefallenen Moorbereichen wächst flächig das gefährdete Schmalblättrige Wollgras. Entlang von Wegen breiten sich Heidebestände aus ebenso wie der violett blühende, sehr seltene Pyramiden-Günsel. Ohrweiden-Gebüsche, flache Stillwasserflächen und ein ganzjährig wasserführender Teich ergänzen den Biotop-Komplex.

Der Christenberger Talgrund beherbergt eine ebenso speziell angepasste Tierwelt. Dazu zählen vor allem kühle Temperaturen liebende Insekten, wie unter anderem 16, teils seltene Libellenarten sowie einige Spinnen.

Burg Mellnau ist die Ruine einer Gipfelburg auf einem Berg oberhalb des gleichnamigen Ortes Mellnau. Die Burg wurde um 1248 als Ersatz für die zerstörte Burg Hollende gebaut. Sie war aber wohl kaum mehr als ein solides Steinhaus. Um das Land und die Handelsstraßen kontrollieren zu können, wurde sie dann 1329 ausgebaut und der 19 m hohe Bergfried errichtet. Nach der Mainzer Stiftsfehde 1464 verlor Burg Mellnau seine militärische Bedeutung und der Verfall setzte ein. Viele Steinquader wurden anschließend für den Aufbau des Ortes Mellnau verwendet.