• Wollmerschied (RÜD)

  • Länge: 7.9 km

  • Höhenmeter: 185 m

  • Dauer: 2 – 2,5 h

  • Natur  | Ausblicke  | Kultur/Historie 

  • Parken: 65391 Lorch-Wollmerschied | Parkplatz am Sportplatz (K 629)

  • Startpunkt: Sportplatz Wollmerschied

  • Einkehrmöglichkeiten: –

  • Wegbegleiter: Milow

  • Erwandert: August 2020

Grenzerfahrung

Der kleine Lorcher Stadtteil Wollmerschied ist ein Ort mit Grenzerfahrung: Erst gehörte das kleine Dorf über Jahrhunderte zu Kurmainz und später zum Herzogtum Nassau, das von Preußen annektiert wurde. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs gehörte Wollmerschied von 1919 bis 1923 zum Freistaat Flaschenhals. Das schmale Gebiet zwischen rechtem Rheinufer und unbesetztem Teil der preußischen Provinz Hessen-Nassau lag faktisch isoliert vom übrigen unbesetzten Deutschland und war somit politisch sowie wirtschaftlich auf sich selbst gestellt. Heute wird das hessische Wollmerschied an drei Seiten von Rheinland-Pfalz umschlossen. Der nur 7,9 km lange Wisper Trail Wollmerschieder Grenzweg begleitet diese Grenze ein Stück weit auf zum Teil historischen Spuren.

Wir starten am Sportplatz und wandern zunächst in nördlicher Richtung 400 m parallel zur Kreisstraße K 629 zum ersten Aussichtspunkt des Wollmerschieder Grenzweges: dem Wispertaunus Blick. Von hier haben wir eine schöne Sicht auf die Ortschaften Wollmerschied und Lipporn, die auf den offenen Höhen des Wispertaunus liegen.

Anschließend tauchen wir dann in den Wald hinein und wandern auf idyllischen Waldwegen weiter in nördliche Richtung. So kommen wir nach rund 1,5 km an die hessische Landesgrenze mit einem Grenzstein aus dem Jahr 1697. Der alte Markstein mit dem Mainzer Rad erinnert daran, dass der Rheingau über Jahrhunderte zum Bistum Mainz (= Kurmainz) gehörte.

Wir biegen nun scharf nach rechts ab und folgen der Landesgrenze Hessen – Rheinland-Pfalz ins Werkerbachtal hinab. Dort bildet dann der Werkerbach die natürliche Grenze zwischen den beiden Bundesländern. Der Werkerbach ist einer der vielen kleinen Bäche, die der Wisper zufließen und so typisch für den Wispertaunus sind. Wir folgen dem Bach nur ein kurzes Stück und verlassen das Bachtal dann wieder in Richtung Wollmerschied.

Nach einem kurzen, nicht allzu steilen Anstieg erreichen wir die offenen Wiesen und Felder unterhalb des Ortes. An Pferdekoppeln vorbei wandern wir mit einigem Abstand um den Ort herum und passieren den Zuweg zur Ortsmitte Wollmerschied. Schließlich geht es dann ins Bienbachtal hinab. Hier queren wir die Kreisstraßen K 627 sowie K 628 und folgen dem kleinen Bach talaufwärts bis zu seiner Quelle. Dort erreichen wir das Einsame Bänkchje und wenig später auch unseren Ausgangspunkt am Sportplatz Wollmerschied.

Fazit

Der Wollmerschieder Grenzweg führt abwechslungsreich und idyllisch durch die abgeschiedenen Wälder und schönen Wiesenlandschaften rund um den kleinen Ort Wollmerschied. Neben dem historischen Grenzstein mit Mainzer Rad runden vor allem einige schöne Aussichten die relativ kurze Tour ab.

  • Bewertung

  • Schwierigkeit: leicht

  • Wege: – sehr geringer Pfadanteil

  • Highlights: –

Wissenswertes

Der Wispertaunus wird durch das namensgebende Talsystem der Wisper bestimmt. Er hat den Landschaftstyp einer reinen Waldlandschaft, die tief zertalt ist und nur auf wenigen Bergrücken Raum für kleine Dörfer bietet. Die Zahl der Talsiedlungen ist wesentlich geringer. Der enge Talgrund der Wisper selbst bietet nur Raum für eine einzige kleine Ortschaft (Geroldstein).

Als Freistaat Flaschenhals bezeichnete sich ein schmales Gebiet zwischen dem rechten Rheinufer und dem unbesetzten Teil der preußischen Provinz Hessen-Nassau, das nach Ende des Ersten Weltkriegs von 1919 bis 1923 bei der alliierten Rheinlandbesetzung unbesetzt blieb. Dabei war es aber vom übrigen unbesetzten Deutschland faktisch isoliert und somit politisch sowie wirtschaftlich auf sich selbst gestellt.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde die Besetzung des linksrheinischen Gebietes durch die Alliierten und zusätzlicher Brückenköpfe bei Köln (Großbritannien), Koblenz (USA) und Mainz (Frankreich) angeordnet. So blieb zwischen den beiden Brückenköpfen Koblenz und Mainz, die jeweils einen Radius von 30 km abdeckten, ein schmaler Streifen zwischen dem Rheintal und Limburg an der Lahn unbesetzt. Dieser Streifen hatte wegen der Lage zwischen zwei einander fast berührenden Kreisbögen die Form eines Flaschenhalses. Der Freistaat Flaschenhals umfasste dabei die Orte Lorch, Kaub, Lorchhausen, Sauerthal, Ransel, Wollmerschied, Welterod, Zorn, Strüth, Egenroth sowie Laufenselden und hatte ca. 8000 Einwohner.

Da die Hoheitsgewalt der vorher zuständigen Kreisverwaltungen nun an den Grenzen der besetzten Brückenköpfe endete, trat im „Flaschenhals“ eine Art Notstand ein, die zur Selbstverwaltung zwang. Aufgrund der isolierten Lage waren dem Flaschenhals nicht nur behördliche und gerichtliche Zuständigkeiten von außen abhandengekommen. Infolge der engen Grenzziehung führten nun alle bestehenden Verkehrswege in die Region durch einen der besetzten Brückenköpfe. Hinzu kam, dass alle Straßen an den Grenzen blockiert wurden und nur noch mit speziellem Pass nutzbar waren. Außerdem durften Eisenbahnzüge auf der rechtsrheinischen Strecke nicht mehr halten.

Die kommunale Verwaltung wurde anschließend auf den Landrat des Kreises Limburg übertragen, weil die Stadt Limburg die nächstgelegene nicht besetzte Kreis- und Gerichtsstadt war. Da die Orte im Flaschenhals aber kaum erreichbar waren, wurde der Bürgermeister von Lorch als Vertreter mit weitgehenden Vollmachten ausgestattet, um die Region zu verwalten.

Wegen der relativ isolierten wirtschaftlichen Lage wurde dann auch die Herausgabe eines eigenen Notgeldes veranlasst. Außerdem baute man eine provisorische, teils nur mit Holzknüppeln befestigte Straße durch das bergige und bewaldete Gelände nach Limburg und errichtete eine Telegrafenleitung.

Anfangs war vor allen die Grundversorgung der Region problematisch. So wurden viele elementare Wirtschaftsgüter wie Nahrungsmittel oder Brennstoffe illegal in die Region geschmuggelt. Das beträchtliche Kapital in Form von Wein sorgte jedoch durch den Handel mit den besetzten Nachbargebieten später für einen relativen Wohlstand im Flaschenhals.

Am 25. Februar 1923 marschierten schließlich marokkanische Hilfstruppen der französischen Armee in den Flaschenhals ein und besetzten das Gebiet bis zur Beendigung der rechtsrheinischen Besatzung im November 1924. Die Einwohner leisteten aber weiterhin passiven Widerstand und verweigerten jede Unterordnung.