• Wingeshausen (BLB) | Jagdhaus (HSK)

  • Länge: 13.4 km

  • Höhenmeter: 413 m

  • Dauer: 3 – 3,5 h

  • Natur | Ausblicke

  • Parken: 57319 Bad Berleburg-Wingeshausen | Parkplatz Westertal (Casimirstaler Weg 1)

  • Startpunkt: Sonnenhof

  • Einkehrmöglichkeiten: Wisent-Hütte | Hotel Jagdhaus Wiese | Forellenhof | Sonnenhof

  • Wegbegleiter: –

  • Erwandert: September 2020

Das Artenschutzprojekt am Rothaarkamm

Wisente sind die größten Landsäugetiere Europas. Ihre ursprüngliche Verbreitung umfasste ganz Mittel-, West- und Südosteuropa. Im Osten waren sie sogar bis zur Wolga und zum Kaukasus verbreitet. Lebensraumverluste durch Ackerbau und Waldabholzungen sowie die uneingeschränkte Jagd und Wilderei ließen die Wisentpopulationen jedoch rapide sinken. So gab es Ende des 19. Jahrhunderts nur noch zwei Populationen in der Wildnis – im polnischen Urwald von Bialowieza und im Westkaukasus. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges starben sie dort jedoch ebenfalls aus. Doch zum Glück hatten einige Wisente in der Obhut von Zoos und Gehegen überlebt. Ein richtiges Artenschutzprojekt zur Rettung der vom Aussterben bedrohten Tierart begann jedoch erst im Jahr 2010. So streift nun seit 2013 eine Wisentherde frei durch das FFH-Gebiet Schanze am Rothaarkamm. Dort können sich die sehr scheuen Tiere wegen der großen Waldfläche mit mehreren tausend Hektar schnell dem Blick der Öffentlichkeit entziehen. Um die bis zu zwei Meter großen und fast 1.000 kg schweren Tiere sowie das Projekt der Öffentlichkeit zu präsentieren, wurde die sog. Wisent-Wildnis am Rothaarsteig mit einer zweiten Herde errichtet. Das 20 ha große Areal dient dabei als „Guckloch“ in das Artenschutzprojekt und kann auf einem 3 km langen naturbelassenen Rundweg erkundet werden.

Die Wisent-Wildnis kann auch im Zuge der 13,5 km langen Rothaarsteig-Spur Wisentpfad besucht werden. Diese führt von Wingeshausen über den Rothaarkamm nach Schmallenberg-Jagdhaus und passiert nach ca. 4 km dieses einzigartige Schaugehege.

Der Wisentpfad startet am Sonnenhof oberhalb von Wingeshausen und führt mich zunächst in das Westerbachtal. Über schöne Waldwege und angelegte Pfade geht es am Hang entlang zum Stollen Hinterm Homberg, der heute verschlossen ist und u.a. Fledermäusen als Unterkunft dient.

Anschließend geht es zum Rohrbach hinab und an einem Tretbecken vorbei das Tal hinauf. So treffe ich nach ca. 2,9 km auf das südöstliche Ende der Wisent-Wildnis. Der kostenpflichtige Eingang befindet sich jedoch am nordöstlichsten Punkt. Also passiere ich zunächst das gesamte Gelände über einen schön angelegten Pfad und erreiche dann über den großen Parkplatz die sog. Wisent-Hütte.

Dort beginnt der ca. 3 km lange Rundweg durch das Schaugehege. Dabei erweckt das Gehege keinesfalls den Eindruck eines normalen Wildparks. Über naturnahe Pfade klettere ich über Baumstämme sowie Felsformationen und überquere zweimal einen Bach. Vom Eingang aus geht es zunächst in südwestliche Richtung ins Tal hinab. Anschließend wandere ich durch den sog. Dachsbau relativ steil zur Steinbastion hinauf. Mit Blick über das gesamte Areal geht es nun am westlichen Rand in Richtung Süden zum sog. Majestätischen Felsen. Diesen erreicht man entweder über einen steilen Pfad oder über einen flacheren Weg. Anschließend geht es dann wieder ins Tal hinab. An der südöstlichen Talquerung treffe ich auch endlich auf die imposante Wisentherde. Die gesamte Herde liegt hier auf der Wiese und genießt die warmen Sonnenstrahlen. Natürlich tummeln sich hier auch die anderen Besucher und beobachten die Tiere beim Nichtstun. Nachdem ich mich an den größten europäischen Landsäugetieren „sattgesehen“ habe, geht es über den Pirschweg leicht ansteigend zum Aussichtspunkt Rückblick mit mehreren Schaukelbänken und schließlich zurück zur Wisent-Hütte.

Ich wandere nun weiter auf der Rothaarsteig-Spur an der Kreisstraße K 42 entlang und durch das FFH-Gebiet Schanze in Richtung Rothaarkamm. Bevor ich diesen jedoch erreiche, geht es nach einem Wanderparkplatz nochmal richtig steil den Hang hinauf. Auf dem Kamm angelangt, treffe ich wenig später auch auf den Rothaarsteig, dem ich bis zum kleinen Weiler Jagdhaus folge. Dabei führt mich der Weg ohne große Höhenunterschiede auf Pfaden am Hang entlang. Zudem eröffnen sich mir immer wieder tolle Ausblicke über die Höhen und tiefeingeschnittenen Täler des Rothaargebirges.

Nach ca. 1,7 km trennen sich Rothaarsteig und Wisentpfad am Ortseingang von Jagdhaus wieder. Die Rothaarsteig-Spur biegt scharf rechts ab, quert die Kreisstraße K 42 und führt mich über geschotterte Wirtschaftswege, vorbei an einer großen Weide, ins Ihrigetal hinab. Am Rastplatz im Bockeshorn wechsele ich dann ins Bortlingsbachtal. Dort umrunde ich eine Weide und wandere anschließend am Bach entlang bis zum Forellenhof.

Nachdem ich das Tretbecken am Bortlingsbach passiert habe, geht es am Hang entlang in Richtung Wingeshausen. Zwischendurch kommt man dann auch noch an einer schönen Aussichtsplattform mit Blick auf den kleinen Ortsteil Homberg vorbei. Anschließend durchquere ich Wingeshausen und gelange über eine Schotterstraße schließlich wieder zu meinem Ausgangspunkt am Sonnenhof.

Fazit

Der Wisentpfad führt meist über schmale Waldwege durch die abwechslungsreichen Wälder auf dem Rothaarkamm. Der Qualitätswanderweg besticht dabei vor allem mit malerischen Aussichten und einer spannenden Tierwelt. Die kostenpflichtige Wisent-Wildnis am Rothaarsteig ist natürlich das absolute Highlight auf dieser Tour und vor allem für Familien mit Kindern ein besonderes Erlebnis. Leider erhält man auf dem Besucherareal aber nur sehr wenige Informationen rund um die Tiere und dem Artenschutzprojekt. Da hätte ich mir insgesamt etwas mehr erwartet.

  • Bewertung

  • Schwierigkeit: mittel

  • Wege: – hoher Anteil leicht befestigter Wege

  • Highlights: Wisent-Wildnis

  • Höhenangst: –

  • Hund: ja | nicht in der Wisent-Wildnis erlaubt

  • Beste Jahreszeit: ganzjährig – außer bei Schnee und Eis

Wissenswertes

Das bis zu 643 m hohe Auer Ederbergland reicht im Osten bis über die namensgebende Eder hinweg und wird aus den durch Nebentäler der oberen Eder voneinander getrennten bewaldeten Höhen unterhalb des Rothaarkamms bis zum Ederdurchbruch bei Raumland gebildet.

Die Westliche Rothaar bildet einen fast komplett unbesiedelten sowie durchgehend bewaldeten Gebirgskamm, der eine Höhe von etwa 756 m erreicht, und bildet die Lenne-Eder-Wasserscheide. Dabei hat sie mehrere und vor allem tiefe Scharten, die die Rüsper Rothaar in Abschnitte einteilt.

1927 wurde das letzte freilebende Wisent Europas erschossen. Dank einer kleinen Zuchtpopulation in Zoos und Gehegen konnte die Art jedoch erhalten werden. Erst 2003 wurde ein Projekt zur Rettung der vom Aussterben bedrohten Tierart von Richard zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg angestoßen. Ziel war es, erstmals seit über 200 Jahren wieder Wisente in Deutschland anzusiedeln. Das Artenschutzprojekt „Wisent-Wildnis im Rothaargebirge“ startete dann schließlich 2010. Die Tiere stammen dabei ursprünglich aus dem Kaukasus und leben heute in zwei Herden in den Wittgensteiner Wäldern. Neben einer freilebenden Herde lebt eine zweite Herde in der Wisent-Wildnis auf 20 Hektar in ihrer natürlichen und naturbelassenen Umgebung. Dabei ist die Wisent-Wildnis eine Art Guckloch in das Artenschutzprojekt. Weil sich die freilebenden Wisente wegen der großen Waldfläche mit mehreren tausend Hektar normalerweise dem Blick der Öffentlichkeit entziehen, wurde die Wisent-Wildnis für interessierte Besucher geschaffen. Es stellt damit einen repräsentativen Ausschnitt des echten Lebensraums der frei lebenden Herde im Rothaargebirge dar. Das Gelände ist dabei durch einen 3 km langen, naturnahen Erlebnis-Wanderpfad erschlossen und besticht durch seine natürlichen Formationen: Felsen, Bach, Quellmulden, Tal und Wald.

Im April 2013 wurde im Zuge des Artenschutzprojektes zur Rettung der vom Aussterben bedrohten Wisente eine achtköpfige Herde in die Wälder des Rothaargebirges entlassen. Insgesamt 8 Hauptakteure hatten unter detaillierter wissenschaftlicher Begleitung und stetiger Beteiligung der Öffentlichkeit in einem mehrjährigen Prozess ein Konzept entwickelt, um die großen Pflanzenfresser in die moderne Kulturlandschaft zu integrieren. Die Tiere sollen sich dabei in einem Aktionsraum von ca. 5000 ha im Umfeld des Rothaarkamms bewegen, der zu weiten Teilen Prinz Richard zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg gehört und u.a. als FFH-Gebiet Schanze ausgewiesen ist. Um die Tiere innerhalb dieses Areals zu halten, sind eine GPS-gestützte Überwachung und eine Begrenzung der Herde auf maximal 20 bis 25 Tiere notwendig.

Das FFH-Gebiet Schanze umfasst das großflächige, zusammenhängende Waldgebiet am zentralen Rothaarkamm zwischen Schmallenberg, Bad Berleburg und Wingeshausen. Dominierend sind dabei Hainsimsen-Buchenwälder. In dem durch hohe Niederschläge gekennzeichneten Raum entspringen zahlreiche naturnahe Quellbäche, die zur Eder und Lenne hin entwässern, die das Gebiet in viele Waldrücken und z.T. tief eingeschnittene Bachtäler gliedern.

Schon vor der Ansiedelung der Wisente waren die Wälder Wittgensteins bekannt für ihren Wildreichtum. Neben Rehen, Wildschweinen und Rothirsche sind hier sogar Mufflons beheimatet. Zudem finden sich viele seltene Vogelarten in dem Gebiet (z.B. Schwarzstorch, Tannenhäher, Gebirgsstelze oder Rauch- und Mehlschwalben).