Natur und Kultur rund um die ehemalige Reichsstadt Wetzlar – „Die Leiden des falschen Kaisers am Bleistift“
Der Wetzlarer 3-Türme-Weg gehört zu den sog. Lahn-Facetten und führt auf gut 20 Kilometer um die ehemalige Reichsstadt Wetzlar. Dabei stehen aber nicht nur die Türme der mittelalterlichen Stadtbefestigung Garbenheimer Warte, Brühlsbacher Warte und Kalsmunt im Zentrum des als Qualitätsweg kulturerlebnis ausgezeichneten Wanderwegs.
Von der Lahninsel in Wetzlar aus wandere ich zunächst mit Blick auf die Alte Lahnbrücke durch die Colchester-Anlage, die nach Wetzlars britischer Partnerstadt (seit 1969) benannt ist. Anschließend geht es dann über Treppen zum Rosengarten hinauf.
Der Wetzlarer 3-Türme-Weg führt mich hier durch eine sehr hübsche Parkanlage und an interessanten Grabsteinen vorbei. Ein Gedenkstein erinnert u.a. an Karl Wilhelm Jerusalem, der das Urbild vom Werther in Goethes Roman „Die Leiden des jungen Werthers“ darstellt.
Danach wandere ich die Wölbachertorstraße entlang und quere die Haarbachstraße am Goethebrunnen, wo im 18. Jh. zwei Quellen einen Trinkwasser- und einen Waschbrunnen speisten. Goethe besuchte diesen Brunnen häufig und erwähnte ihn auch in den sog. Wertherbriefen.
Über Treppen und die Straße Auf dem Hauserberg geht es nun zum Stadtrand hinauf. Mit weiten Ausblicken ins Umland führt der 3-Türme-Weg dann über Feld und Flur weiter zum 18 m hohen Bismarckturm (früher Garbenheimer Warte).
Anschließend geht es ein Stück am Lahnberg entlang und eine Basaltsäule informiert mich darüber, dass der schöne Ausblick auch in Goethes „Die Leiden des jungen Werthers“ aufgegriffen wurde.
Ich wandere nun am neuen Friedhof entlang, bis der Weg nach links übers Feld abzweigt. Im Anschluss durchquere ich ein Waldstück und erreiche den Leitz Park mit der Leica-Welt und dem Ernst-Leitz-Museum. Hier befindet sich zudem eine Basaltsäule mit Informationen über die Landhege, die früher dem Schutz Wetzlars dienten.
Ich folge einer dieser Landhege parallel zur L 3451 bis zur Frankfurter Straße, die ich dann an der ehemaligen Spilburg-Kaserne (1914 – 1994) überquere. Nun wandere ich in den Kaisersgrund hinunter, wo eine Gedenktafel an die Hinrichtung des „falschen Kaisers“ Tile Kolup erinnert.
Anschließend geht es an der Jugendherberge vorbei wieder hinauf zur Brühlsbacher Warte, die wegen ihrer kegelförmigen Spitze auch als Bleistift bekannt ist.
Nachdem ich die Aussicht auf Wetzlar genossen habe, passiere ich zwei Schulen und wandere für ca. 150 m an der Straße Stoppelberger Hohl entlang. Nach deren Überquerung folge ich dann der Harderbergstraße durch ein Wohngebiet, das ich anschließend wieder über einen Wiesenweg verlasse, bevor es in den Wald und das Brühlsbachtal hinunter geht. Nach etwa 300 m beginnt dann auch die einzige richtige Steigung dieses Prädikatsweges. Relativ gerade geht es nun durch den Wald bergauf in Richtung Stoppelberg (401 m). Nachdem ich schließlich die K 988 erreicht habe, wandere auf einem Weg neben der Straße bis zum Parkplatz Stoppelberg, wo sich mit 325 m auch der höchste Punkt der Wanderung befindet.
Ich wandere nun durch das idyllische Kirschenwäldchen, in dem es noch zahlreiche Hügelgräber aus der Zeit von 750 – 450 v. Chr. gibt. Nach ca. 700 m verlasse ich den Wald wieder und wandere am Waldrand entlang, wo man bei guter Sicht einen weiten Ausblick bis zum Feldberg im Taunus hat.
Kurze Zeit später biege ich dann links ab und wandere über Wiesen und Felder hinunter ins idyllische Abachtal. Diesem folge ich anschließend bis zur Honigmühle, eine von 7 Mühlen, die entlang des Wetzbaches zwischen Niederwetz und Nauborn im Wetzlarer Siebenmühlental errichtet wurde.
Vor der Mühle biege ich aber rechts ab und überquere erst an der Dickesmühle den Wetzbach und anschließend die L 3284. Hier lohnt ein kurzer Abstecher über einige Treppenstufen zur Ruine der Theutbirg Basilika, von der heute allerdings nur noch die Grundmauern zu sehen sind.
Ich wandere im Anschluss mit schönen Ausblicken auf den Stoppelberg durch die Felder bergauf in Richtung Nauborn und quere an der Grube Juno die L 3053. Rund um Nauborn spielte der Bergbau früher eine große Rolle und auf dem sog. Eisensteinweg fuhren die Fuhrwerke von der Grube Amanda bis nach Wetzlar zur Sophienhütte.
Nach einem leichten Anstieg treffe ich dann auf den Lahnwanderweg, der mich von nun an bis fast zum Ende dieser Lahn-Facette begleiten wird. Ich folge dem Weg durch das Naturschutzgebiet am Weinberg, das früher militärisch genutzt und 2005 als Fauna-Flora-Habitat sowie als EU-Vogelschutzgebiet ausgewiesen wurde. Hier oben hat man zudem wieder einen großartigen Ausblick auf das Umland.
Im Anschluss wandere ich über einen Pfad zwischen Waldrand und Hangkante entlang bis zu einem historischen Grenzstein, der einst die Grenze Wetzlars markierte. Über mehr oder weniger offene Flur geht es mit schönen Ausblicken weiter an der Hangkante entlang dem Kalsmunt-Westhang entgegen, wo ich schließlich wieder ein Wohngebiet erreiche.
Nun geht es hinauf zur Ruine der ehemaligen Reichsburg Kalsmunt, die auf einem 256 m hohen Basaltkegel über Wetzlar liegt. Eine Tafel und zahlreiche Basaltsäulen informieren dabei über die Geschichte und die einzelnen Gebäude des Kalsmunts.
Ich folge dann dem Weg nach Wetzlar hinunter. Über die Kalsmuntstraße und durch die Kalsmunt-Pforte hindurch erreiche ich den Karl-Keller-Ring, den ich an einer Ampel überquere. Entlang des Wetzbaches und des Mühlgrabens erreiche ich dann schließlich wieder meinen Ausgangspunkt an der Lahninsel.
Fazit
Auf dem Wetzlarer 3-Türme-Weg erhält man einen beeindruckenden Einblick in die Geschichte der Stadt Wetzlar:
- keltische Hügelgräber
- die ehemalige Reichsburg Kalsmunt
- der „falsche Kaiser“ Tile Kolup
- Zeugnisse der mittelalterlichen Stadtbefestigung
- Goethe und „Die Leiden des jungen Werthers“
- der Militärstandort Wetzlar
- die Leica Welt
Neben dieser Vielfalt an kulturhistorischen Zeugnissen machen vor allem die tollen Aussichten diesen Weg zu einem wahren Erlebnis. Der Prädikatsweg ist aber, was die Wegeführung angeht, zweigeteilt. Führt der städtische Nordteil zumeist über asphaltierte Wege und Bürgersteige zu vielen verschiedenen Höhepunkten, kann man auf dem erlebnisärmeren Südteil eher die Natur genießen. Daraus resultieren jedoch eine gewisse Langatmigkeit sowie unnötige Überlänge.
Tipp
Der Wetzlarer 3-Türme-Weg kann durch eine Abkürzung in eine 11,3 km lange Nordvariante (Startpunkt: Lahninsel) und eine 15,7 km lange Südvariante (Startpunkt: Parkplatz Stoppelberg) unterteilt werden. Dabei führt die Abkürzung (rotes L auf gelbem Grund) von der Brühlsbacher Warte an der südlichen Stadtgrenze von Wetzlar entlang, bis kurz vor die Burgruine Kalsmunt, wo sie wieder auf den Hauptweg trifft.